Vatikan: Vor 45 Jahren fiel der Index

Der Index war eine Reaktion der Kirche auf den Erfolg der Reformation

Rom, Radio Vatikan, 15.06.2011

Genau 45 Jahre ist es her: Da liess der Vatikan seinen Römischen Index fallen. Von 1559 an hatte die Liste der heutigen Glaubenskongregation bestimmt, welche Bücher Katholiken bei Strafe der Exkommunikation nicht lesen durften.

Hubert Wolf leitet das Forschungsprojekt zur Römischen Inquisition und zur Index-Kongregation an der Universität Münster. Er sagte dem Kölner Domradio:

“Der Index war eine Reaktion der Kirche auf den Erfolg der Reformation, die sich ja vor allem dadurch durchgesetzt hatte, dass Luther und andere Reformatoren eben den Buchdruck benutzt haben, um ihre Ideen zu verbreiten. Beim Index ging es darum, diese Explosion des Buchmarktes zu kontrollieren und darauf zu hoffen, dass man dadurch die Ausbreitung gefährlicher reformatorischer Gedanken kontrollieren könnte. Der Index ist aber nicht in Rom erfunden worden und auch nicht vom Papst, sondern von den Universitäten wie der Sorbonne in Paris schon 1544 und der Universität Leuven 1546. Rom war also relativ spät dran mit seinem Index. Man wollte dann einen einheitlichen Index schaffen, damit überall in der Weltkirche klar ist, was man lesen darf.”

Um den “Schutz des Glaubens” und um eine Abwehr reformatorischer Ideen sei es dem Vatikan mit dem Index gegangen, so der Professor. Nicht nur theologische Bücher landeten auf der schwarzen Liste, sondern auch Literatur. Die Debatte, ob der Vatikan den Index nicht doch besser wieder abschaffen sollte, setzte schon in der Zeit der Aufklärung ein – und schleppte sich dann bis ins 20. Jahrhundert.

“Und im Vorfeld des Zweiten Vatikanischen Konzils überwog dann die Überzeugung, dass katholische Christen mündig seien und selber entscheiden könnten, was sie lesen oder nicht. Die Abschaffung des Index ist eine kuriose Geschichte: Eigentlich wurde er ja schon am 7. Dezember 1965 abgeschafft. Da hat Papst Paul VI. die Römische Inquisition in die Glaubenskongregation umgewandelt. Da stand ein Satz, den niemand richtig verstanden hat: Es werden weiterhin Bücher untersucht und gegebenenfalls missbilligt. Aber es war nicht mehr die Rede von Verbieten. Der Index war also eigentlich da schon abgeschafft, und niemand hat es gemerkt. Dann gab der Kardinalpräfekt am 13. April 1966 ein Interview und sagte: Den Index gibt es nicht mehr. Das hat alle, von den Laien bis zu den Bischöfen, völlig überrascht, weil das niemand mitbekommen hatte. Dann musste nach vielen Anfragen die Glaubenskongregation am 14. Juni erklären, dass der Index wirklich weg ist – und mit ihm auch die Strafen.”

(domradio 15.06.2011 sk)

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