“Kirchliches Bloggertreffen in Deutschland wäre schön”

Da standen die Blogger bei Fuss und haben aufgeklärt

Rom, Radio Vatikan, 04.05.2011

Eine grosse Sache, das war das Bloggertreffen im Vatikan für viele der 150 Internetpublizisten, die daran teilgenommen haben. Aus dem deutschen Sprachraum waren 17 Blogger angereist, unter ihnen Barbara Wenz, die in der Nähe der Adriastadt Ancona in den Marken lebt. 2007 konvertierte sie zum Katholizismus und betreibt seither ihren Blog Elsas Nachtrevier. Wir haben Barbara Wenz gefragt, welches Potenzial für die Kirche in der Welt der Blogger liegt.

“Von Bloggerseite wurde, von der Bloggerin “the anchoress”, gesagt: die Kirche braucht uns und wir können der Kirche helfen. Denn Blogger sind im Stande die öffentliche Meinung auch wirklich auf eine andere Weise zu beeinflussen (als die klassischen Medien), das sieht man auch am Verlauf der Berichterstattungen, wenn es um negative Vorkommnisse ging im Bereich der Kirche, beispielsweise im Fall Williams. Da standen die Blogger bei Fuss und haben aufgeklärt, um was es sich wirklich handelt.

Das gab es vorher so nicht: vorher war die öffentliche Meinung alleine in der Hand der sekulären Medien mit einem dementsprechend negativen Ergebnis für die Kirche. Was ich mir wirklich wünschen würde, wäre eine stärkere Vernetzung mit dem Vatikan. Dass wir die Dokumente, die da sind, in die Alltagssprache übersetzten können, für die Menschen da draussen. Es sind ja immer sehr spezielle Dokumente, die aus dem Vatikan kommen. Was ich mir zusätzlich wünsche und sicherlich viele Blogger auch: es wäre sehr schön, wenn die Erstübersetzungen von wichtigen Dokumenten auch in Englisch vorlägen, denn Italienisch und Latein sind keine Weltsprachen und wir haben, da wir ja alle auch ehrenamtlich bloggen, nicht immer die Zeit, Gewehr bei Fuss, jetzt schnell eine Übersetztung ins Deutsche anzufertigen. Wenn ich das erst nach einer Woche kriege, interesssiert das niemanden mehr.”

Die Nachricht, dass der Vatikan zu einem Bloggertreffen einlädt, ging ja sehr schnell um die Welt. Wissen Sie, wie viele Bewerbungen hereinkamen?

“Ich glaube, dass waren insgesamt 800 Bewerbungen – und es gab nur 150 Plätze. Was ich eigentlich auch ganz sinnvoll fand, denn alles andere wäre auch zu gross. Mich hat das begeistert, dass einfach spontan, zwei Wochen vor dem Termin, geschrieben wurde: so Leute, wir machen jetzt mal ein Bloggertreffen im Vatikan. Hier habt Ihr eine Mailadresse, schickt uns einfach den link zu Eurem Blog, und dann schauen wir mal weiter. Das wünsche ich mir zum Beispiel für Deutschland auch, dass die deutschen Bischofe diesen Mut, diese Frische aufbringen und sagen: Lasst uns einfach mal was machen.”

Sie haben zum ersten Mal institutionell mit dem Vatikan zu tun gehabt, welche Eindrücke haben Sie mitgenommen? Man zerbricht sich ja vorher auch den Kopf darüber: gibt es da eine Gesichtskontrolle, was muss ich an einem so ehrwürdigen Ort anziehen, wie waren im Endeffekt da Ihre Erfahrungen?

“Ich habe eigentlich relativ früh in meinem katholischen Dasein erkannt, dass der Vatikan gar nicht so ist (lacht), wie man ihn sich so vorstellt. Ich hatte also überhaupt keine Berührungsängste. Ich habe mir gedacht: das ist ein Bloggertreffen, also wird sicher irgend jemand schlechter angezogen sein, als ich (lacht), keine Angst! Auch die Mails, die ich von den Organisatoren vorher bekommen habe, waren so ungezwungen im Tonfall, dass ich da wirklich ganz gelassen ran bin.”

Wie waren denn dann die Begegnungen mit den vatikanischen Würdenträgern? Erzbischof Celli vom Medienrat, Pater Lombardi, der Pressesprecher des Heiligen Stuhls?

“Sehr, sehr angenehm. Was mir sehr gut gefallen hat, waren die vielen Ordensleute, die als Blogger eingeladen waren. Das war fantastisch! Also Mönche, Nonnen und Schwester waren da. Vor mir sass eine, vielleicht siebzigjährige Schwester, die hat fleissig mitgetippt, was mir nicht durchgängig gelungen ist, weil es sehr anstrengt war mehrsprachig zu arbeiten. Also, ich habe da einige wirklich bewundert.”

Es gibt ja in der katholischen Welt ganz unterschiedliche Einstellungen zu Blogs, diesem ungeheur schnellen, personenbezogenen, vielfältigen Informations-Weg. Welche Beobachtungen haben Sie da gemacht, seit Sie selbst als Bloggerin aktiv sind?

“Es ist in der englischsprachigen Welt viel verbreiteter und positiver angesehen, zu bloggen. In den USA zum Beispiel bloggen unglaublich viele Bischöfe. Fast jeder nutzt eigentlich die Möglichkeit, sich so auszutauschen. Kardinal Sean O’Malley führt einen eminenten Blog. Das wird ganz anders gewürdigt und geschätzt, während wir Blogger im deutschsprachigen Bereich es etwas schwerer haben, weil es einfach viel Missbrauch gibt, viele, – ich sag mal “Verrückte” – die die Anonymität des Internets ausnützen, um sich auszutoben. In Deutschland oder im deutschsprachigen Bereich, hat man den Fehler, meines Erachtens gemacht, nur die Fehler, nur dieses Randphänomen zu sehen, und weniger, was für ein journalistisches Potential, was für ein Verkündigungspotenzial in dem katholischen Bloggen liegt. Da haben wir etwas nachzuholen im deutschsprachigen Raum. Deshalb würde es mir sehr gut fallen, wenn es so etwas auch auf der nationalen Ebene gäbe, weil mittlerweile auch viele Journalisten aus dem Printbereich einen webblog führen.“”

Können Sie ungefähr einschätzen, wie viele Blogs mit religiösem Inhalten es im deutschen Sprachraum gibt?

“Als ich angefangen habe mitzulesen, im Jahr 2006 – also vor meiner Konversion – waren das drei oder fünf Leute. Wenn man sich das jetzt anguckt, im Jahr 2011, also ich würde sagen, es sind schätzungsweise 300. Es werden jeden Tag mehr, die Szene wächst, sehr, sehr schnell”.

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