Gibt es das Böse in der Welt UPDATE

Was sagt die Bibel?      Augenblick mal..

Vortrag von Franz Norbert Otterbeck, Köln-Deutz
Verlag Dr. Otterbeck KG
Im Rauch Satans. Erörterungen des “Gegenspielers” (1)
(KÖLN, 24.02.2010)
Quelle

In den Zirkeln des ungefähr-katholischen Traditionalismus ist ein Papstzitat von 1972 besonders beliebt, das wir heute noch näher beleuchten werden. Der Anfang dieser Erwägungen muss aber der Schrift entnommen werden, nicht der Tradition, denn der Teufel ist keine “Erfindung” der Kirche, schon gar nicht der Inquisition, sondern ein biblischer Befund. Den Diabolos findet man in den Büchern der Heiligen Schrift, unaustilgbar. Ein Dogma extra über den Teufel kennt die Kirche allerdings nicht, denn derselbe ist nicht Lehre, sondern Realität, das mysterium iniquitatis. Dasselbe bleibt uns auch dann erhalten, falls kein Gott waltet. Dazu gleich mehr, jetzt erst zum Schriftbefund. Sehen wir eine Primatsstelle an; also einen der O-Töne Jesu, die an Petrus gerichtet sind (vgl. Lk 22,31 f.):

Simon, Simon. Der Satan hat verlangt, Euch wie Weizen zu sieben. Ich aber habe für Dich gebetet, damit Dein Glaube nicht wanke. Du aber, wenn Du Dich bekehrt hast, geh, und stärke Deine Brüder.

Obwohl man wohl von fast jeder Perikope des Evangeliums aus auf die gesamte Architektur (der einzigen Siegesnachricht über den Tod) blicken kann, verwundert uns doch, welche Rollenverteilung hier aufscheint. Der Feind hat was zu “kamellen”, er hat mitzureden im Schöpfungswerk. Andernfalls könnten wir den Gegenspieler nicht ernst nehmen. Jesus spricht von der Forderung des Satans, aber nicht vom Erfolg. Aus jeder Tarifverhandlung ist bekannt, dass wer 6% fordert, dann vielleicht 2 bis 4% erlangt. Wenn Jesus es ist, der für Petrus betet, dann wird sein Glaube nicht wanken, denn er wird umkehren; und auf das Wort hin die Brüder stärken. Die Brüder sind zuerst die Apostel (also ohne “Schwestern”). Durch sie vermittelt und hernach durch das Bischofsamt Petri und der Seinen transportiert bis an das Ende der Welt, werden dann vielleicht sogar alle Menschen guten Willens in der Kirche gestärkt sein. So gestärkt wird die Ernte des Satans mager ausfallen. Aber der “böse Onkel” hat durchweg reelle Chancen auf ungerechtfertigte Bereicherung. Das ist Spruch des Herrn.

In meiner Jugend habe ich mich immer wieder darüber geärgert, dass unsere Lehrer und Kapläne nicht bereit waren, eine simple didaktische Ordnung einzuhalten. Wenn der Heranwachsende zum Beispiel fragt, ob Maria wirklich in den Himmel aufgenommen wurde ‘mit Leib und Seele’, dann hilft ja der Hinweis nicht, dass diese Lehre “weniger wichtig” sei (im ökumenischen Dialog). Zuerst müsste mal die Lehre der Kirche überliefert werden. Der Lehrer muss liefern. Dann kann der Studienrat gern die vielen Gegenargumente aufführen (oft sind es nur wenige) und zum Schluss vielleicht persönliche Bemerkungen machen. Es ist intellektuell unredlich, den Diskurs zu eröffnen mit “meiner Meinung nach wurde dieses Dogma nur aus kirchenpolitischen Gründen erlassen” (oder so). Denn erstens ist das selten eine originäre Meinung des Herrn Studentenpfarrers, sondern bei Küng aufgelesen oder wo sonst der Pfeffer wächst, und zweitens: Wen interessiert denn die “Meinung” eines Herrn Lehmann? Alles was zählt ist doch, ob die Doktrin trägt oder nicht. Sie soll tragen und zwar ans andere Ufer, id est: Hin zur ewigen Seligkeit. Zum Henker. Jetzt stehe ich selber in der Gefahr, mit meinen Ansichten die Tragkraft der Wahrheit zu gefährden. Tun wir also erst einmal so als stünde diese schwarz auf weiß im Katechismus. (2) Es fällt zunächst auf, dass der Katechismus recht sparsam dazu berichtet, insbesondere im Umfeld des Sündenfalls, des Ereignisses, das, wie auch immer, zu Beginn der Menschheitsgeschichte stattfand: Hinter der Entscheidung unserer Stammeltern zum Ungehorsam steht eine verführerische, widergöttliche Stimme (KKK Nr. 391). Dann wird eine knappe Definition des IV. Laterankonzils von 1215 zitiert, die wiederum die Existenz des Satans schlicht voraussetzt, aber festhält, dass auch die gefallenen Engel “ihrer Natur nach von Gott gut geschaffen” wurden, aber durch sich selbst böse wurden. Und dann heißt es in Nr. 393: Wegen des unwiderruflichen Charakters ihrer Entscheidung und nicht wegen eines Versagens des unendlichen göttlichen Erbarmens kann die Sünde der Engel nicht vergeben werden. Der Sohn Gottes aber ist erschienen, um die Werke des Teufels zu zerstören (so 1 Joh 3,8). Es ist und bleibt das große Geheimnis der Unähnlichkeit zwischen Schöpfer und Schöpfung, dass Gott das Tun des Teufels zulässt. Aber dieser Befund gehört ins Evangelium. Denn für die, die Gott lieben, führt Gott alles zum Guten (vgl. Röm 8,28). Nur deshalb konnte die Heilige Thérèse von Lisieux gegen Ende ihres Lebens 1897 ausrufen: Alles ist Gnade! Buchstäblich kann das nicht richtig sein, weshalb unter Theologen eine gewisse Unruhe entstand, als der französische Dichter der “Sonne Satans”, Georges Bernanos, sie zitierte, vierzig Jahre später, am Schluss seines “Journal”. Tout est grâce. Das heißt: Aus allem ist der Aufstieg zu Gott zu gewinnen, möglicherweise.

Sophisten und Gnostiker bekritteln an der hergebrachten Lehre der Kirche, dass sie nur ein zaghafter Versuch sei, den Guten Gott begrifflich zu retten, während man “in Wahrheit” auf die Frage nach dem Leid keine Antwort habe. Diese haben die Sophisten und Gnostiker aber auch nur scheinbar, indem sie “Evolution” stammeln oder auf rätselhafte Prinzipien verweisen, die im Universum nunmal am Werk seien, aber für eine Güte Gottes angeblich keinen Raum lassen. Der Teufel ist es, der immer wieder die Güte Gottes in Zweifel zieht: “Ihr werdet sein wie Gott”. Das ist die Einflüsterung (Gen 3,5). Sie trägt nie. Denn sterbliche Gedanken hege der Sterbliche. Ostern bleibt die einzige Antwort.

Sehen. Urteilen. Handeln. Das bedeutet auch das zu sehen, was dem “befreiungstheologischen” Vorurteil widerstreitet. Proletariat und Prekariat sind nicht deshalb “die Guten”, weil sie arm sind. Aber manche Finanzjongleure sind reich, weil sie böse sind. Der Satan führt Jesus in Versuchung, mit allen Schätzen dieser Welt. Jesus jedoch weiß sich (und uns) zu helfen, eins mit dem Vater. (3) Zahlen und Fakten zum Satanismus und Okkultismus heute kann ich nicht zuverlässig liefern. Aber man sagt, dass diese Phänomene im Ansteigen begriffen sind. Nicht nur auf Haiti gibt es mehr Voodoo-Priester als katholische Kultdiener, auch in Italien gehen vielleicht mehr Menschen zur Wahrsagerin als zur Beichte. Wir in Deutschland haben es besser. Uns genügt SPIEGEL online für alle Zwecke.

Papst Paul VI., der das jüngste Konzil zum Erfolg führte, hat nur selten frei gesprochen. Eine dieser seltenen Ansprachen hielt er am 29. Juni 1972, am Vorabend seines IX. Krönungstages, am Fest Peter und Paul, in der Basilika über dem Petrusgrab. Es gibt von dieser freien Rede, einer Predigt, in den Insegnamenti di Paolo VI (Bd. X, Jg. 1972) (4) nur einen Bericht, mutmaßlich von Erzbischof Agostino Casaroli, dem späteren Kardinalstaatssekretär:

Riferendosi alla situazione della Chiesa di oggi, il Santo Padre afferma di avere la sensazione che ‘da qualche fessura sia entrato il fumo di Satana nel tempio di Dio’. C’è il dubbio, l’incertezza, la problematica, l’inquietudine, l’insoddisfazione, il confronto. (Hinsichtlich der Situation der Kirche von heute bekräftigte der Heilige Vater die Empfindung zu haben, dass durch irgendeinen Spalt der Rauch des Satans in den Tempel Gottes eingetreten sei. Da sei der Zweifel, die Unsicherheit, das Problematisieren, die Unruhe, die Unzufriedenheit, die Konfrontation.) (5)

Aktuelle Bemerkungen? Der Zustand der Kirche war damals quantitativ imposanter, aber qualitativ viel gefährdeter als heute. Der Papst sagte damals auch, nach dem Casaroli-Bericht: ‘Der Papst vertraute den Anwesenden einen Gedanken an. Es handele sich um einen Eingriff einer feindlichen Macht. Sein Name sei der Teufel, jenes geheimnisvolle Wesen, das uns der Petrusbrief andeute. (6) Viele Male andernorts im Evangelium, auch von den Lippen Christi selbst, kehre die Erwähnung dieses Menschenfeindes wieder.’ Derselbe wolle die Früchte des Konzils zerstören und verhindern, dass die Kirche die Freude an der Fülle des Bewusstseins ihrer selbst wiedererlangt. Der Papst aber werde das besondere Charisma kommunizieren, das der Gewissheit, das der Herr dem gegeben hat, der ihn selbst, wiewohl unwürdig, auf dieser Erde repräsentiert. Gesagt, getan. Das Heilige Jahr 1975 wurde bereits zum Auftakt der immer weiter ansteigenden Aufmerksamkeit, die das nachkonziliare Papsttum in der Weltöffentlichkeit seither findet, auf zuvor unerreichte Höhen geführt durch Papst Johannes Paul II. Heute gibt es in der Welt anscheinend nur noch einen Denker auf der Höhe der Zeit, Benedetto, genau den einen, dem aber viele deutschnationale Medien immer einmütiger, wie von Geisterhand geführt, anscheinend nur noch die Hölle wünschen.

Wir lernen: Das berühmte und bei Traditionalisten meistzitierte Wort aus dem Pontifikat vor dem goldenen September 1978, das Rauch-Satan-Zitat, war eine Absichtserklärung, eine Kampfansage: Ich bin noch nicht am Ende. Nach mir kommen andere, die das Werk weiterführen. Eins ist gewiss: Der Stuhl Petri wankt nicht. Die gemeine Unredlichkeit des “. Aber gebetsmühlenartig wird immer wieder süffisant an dieses “Geständnis” zu erinnern versucht: Also wenn doch der Papst selbst in einem lichten Moment sagt, dass Satan in dieser Kirche walte, was wäre dem dann noch hinzuzufügen? Lefebvre hasste Paul VI., nur weil dieser für die Menschenwürde plädierte. In der irrationalen Logik dieser eher politischen als religiösen Sekte, die Menschenrechte für “Liberalismus” hält, wird dann das ganze rebellische Gebaren auf dieses Zitat gestützt, das im übrigen noch nicht einmal zu den offiziellen Lehräußerungen des Papstes gehört. (7) Mit “Notstand” argumentierte auch Luther.(8) 

Wir lernen auch: Satan ist kein ebenbürtiger “Gegenspieler Gottes”, sondern der Widerpart der Kirche, also der Störer inmitten der Communio sanctorum, unterwegs. Es gab in dem berühmten Film von Mel Gibson über die Passion diesbezüglich einen tragischen Fehler: In keinem der biblischen Berichte ist der Satan ein Teilnehmer an der Kreuzigung. Das Böse war anwesend, mit geballter Macht. Aber der Böse lag bereits in Fesseln, weil der Herr aus freiem Entschluss die einzige Heilstat vollbrachte. Gibson ließ aber einen personifizierten Antichrist dabei sein, eine Antimadonna sogar fast. Das gehört biblisch nicht zur Szenerie; und auch darin ist das Johannesevangelium, wie überall, völlig glaubwürdig. Aussicht auf Erfolg hat das satanische Unternehmen nämlich nicht. Da die gefallenen Engel zur Ordnung der Geschöpfe gehören, ist ihr Wirkungsfeld auf Raum und Zeit begrenzt. Der Satan hat keine “ewige” Existenz, er hat nur eine Existenz von Dauer, also von Alpha bis Omega, aber non plus ultra. “Er” ist im Anfang gefallen; und wird am Ende “gefeuert”. (9)

Die Störfeuer haben mithin ihren Ort im Diesseits, nicht im definitiven “Jenseits”. (Auch die Hölle gehört wahrscheinlich zu denjenigen Verortungen, deren Wirken, um Gottes Willen, unter eschatologischem Vorbehalt stehen könnte: Ein neuer Himmel, eine neue Erde wird kommen.) Der Satan hat verlangt, “Euch'”zu sieben, wie Weizen, so sagt der Herr. Er siebt nicht “uns”, die wir in der Vollendung stehen. Ihr, die ihr in der Zeit seid, ihr seid auch in der Gefahr. Die Kirche ist in der Bewährung, im Kampf, so aber nicht mehr die Herrlichkeit, an der sie, die streitende Gemeinde, schon ihren Anteil sicher hat. Wenn Jesus für Petrus betet, dann wankt sein Glaube nicht. Auch das zeigt: Der Glaube ist ein Datum, ein Geschenk. Seine Gewissheit kommt vom Geber, nicht aus der eigenen Überzeugung. Wer sich einredet, dass sein Eigensinn ihn schon rettet (“was ich glaube”), der verschwindet aus der Religion und betritt die Autosuggestion: Weil ich denke, dass ich gerettet bin, deshalb bin ich gerettet? Ich weiß, dass mein Erlöser lebt. Gut so. Aber er lebt nicht deshalb, weil Du das zu wissen sagst. Er verdankt wie alle sein Leben dem Geber alles Guten. Gott gibt es. Deshalb lebst Du.

Der Satan greift zuerst die notwendige Kausalität an, die Einsicht, dass der Glaube nur über die Kirche zu uns kommt und gerade deshalb unmittelbar von “oben”. Man darf die Vermittler nicht gegen den Ursprung setzen. Denn wo soll ein Ursprung alles Guten sein, der nicht vermittelt wurde? Rauch verweist auf Feuer. Wer sagt, dass die Primatsstellen (auch das berühmte Wort von den portae inferi, Mt. 16,18) sich nur an Petrus selber richteten, nicht an die Nachwelt; und dass die Heilige Schrift selbst “‘allein”) das apostolische Fundament der Kirche sei, der muss die Vorbedingungen dieses insuffizienten Standpunktes aufdecken. Wo soll denn die Heilige Schrift heilig sein außer im Leben der Kirche?

Als Buch der Bücher wird die Bibel nur gelesen (oder auch nicht), seziert und umgedeutet. Gefeiert wird das Wort in der Ekklesia, in der Verortung des Herrn mit den Seinen. Zu den dunklen Worten derselben Schrift gehört das Menetekel an der Wand. Aber es überwältigt uns nicht, das Widerwort.

Es ist richtig, dass in der deutschen Politik allmählich Mafia-ähnliche Strukturen um sich greifen. Die Parlamente erkennen den Volkswillen nicht an; und setzen nicht einmal das daraus um, was sich dem gesunden Menschenverstand aufdrängt, ob nun im Arbeitsrecht, im Steuerrecht oder Beamtenrecht. Trotzdem wird diese Nation, und auch nicht ihre EKD, nicht vom Satan regiert. Das Böse das ist eben nicht “die andere Partei”, sondern die süße Stimme, die uns vom Guten wegführt. Nicht jeder, der oben ankommt, wie aus unserer Heimat etwa ein Jungminister, hat seine “Seele verschrieben”. Viele waren und sind fleißiger, tüchtiger und sogar: bescheidener als andere. Wer sagt denn, dass ein Friedrich Merz, der so kühn redet und so gutes Geld verdient, von sich ebenso nüchtern denkt wie vermutlich Angela Merkel? Ich halte sie immer noch für eine “Gummilöwin”, wie ich anlässlich eines Vortrags schon im Mai 2004 sagte (infra, ohne das Zitat), “die verkauft, was geht”. Mit ihrer boshaften Papstkritik 2009 hat sie wohl den lästigen Schatten von 2005 vertreiben wollen, sozusagen die Rückfallgefahr der Nation, zurück in den Katholizismus, “bannen”. Dämlich war das nicht, aber noch lange kein “Teufelswerk”. Ich rate also zur Vorsicht im Einzelfall. Der stille Exorzismus ist zu empfehlen, nicht der marktschreierische.

Die rechtsextremen Fanatiker von der so gen. “Piusbruderschaft”, das sind rund 500 Priester und ihre Sympathisanten (größer ist diese Clique nicht!), sehen im II. Vatikanischen Konzil nicht weniger als “Satans Meisterstück”. Die Rhetorik ist da etwas vorsichtiger geworden, aber sie sind mit schrillen Teufelsdiagnosen ebenso schnell zur Stelle wie schon Martin Luther es trieb. “Der Himmel schwarz vor Dämonen”, kommentierte jüngst wieder “so einer” das Konzil im Internet. Das dort so beliebte “Rauch-Zitat” a.a.O. legt uns unvoreingenommenen Lesern aber nahe, dass eben dasselbe Konzil ein Gnadenakt war, ein großer Sprung nach vorn. Seine Früchte aufwachsen zu sehen, das ist es, was Gott will; und was der Feind sich zu vereiteln vorgenommen hat, mancherorts sogar mit mittleren Erfolgen. Denn man muss die Fakten zur Kenntnis nehmen. Exakt entlang der Linie, wo keine Fremdstützung durch überlieferte Autoritäten mehr zu Gebote stand, ist die Kirche als “soziologisch fassbares Phänomen” (das ist sie nämlich auch!) weggebrochen. Punktum. Durchbohrt.

In Deutschland werden sich die Jahre häufen mit ungefähr null Priesterweihen, in etlichen Diözesen. Aber man kann es jungen Männern auch kaum noch empfehlen, sich in dieses Gefüge einspannen zu lassen, das nach 1975 weniger lernfähig war als in den hundert Jahren zuvor. (10)

Der anthropologische Aspekt dessen, dass wir “Satan2 als Kraft wahrnehmen müssen, hat auch mit der Entlastung der Menschen zu tun. “Die Schlange wars!” Es ist gut, dass der Ursprung des Bösen nicht nur im Menschen selber liegt. Denn wo kämen wir hin, wenn wir armen Leidenden überdies auch noch das einzige Böse wären, das dieses Universum hervorgebracht hat.

Der ekklesiologische Aspekt vom Teufelszeug ist der, dass da “jemand” stört, während der Herr die Seinen zusammenruft. Uns Gottesfreunde stört die Politik, die Wirtschaft, die Arbeitswelt. Das sind all die relativ autonomen Lebensbereiche, in denen die Kirche nicht allein das Sagen haben kann und es nicht einmal mehr haben will, seit dem insoweit für immer unhintergehbaren Konzil. Diese von neuer Komplexität bedrohten “Sachbereiche” sind aber nicht nur Störfaktoren der Liturgie und Stolpersteine auf Wallfahrt. Gerade diese Lebenswelten dürfen nicht der Herrschaft des ?Lügners von Anbeginn? unterfallen. Dorthin müsste eine Widerstandsbewegung der Christen auch reichen, damit Faktoren der Liebe, der Caritas in veritate, es dem Widersacher immer schwerer machen, hier oder dort zu sieben und zu ernten.

Der “Rauch Satans” ist also zwar von außerhalb in dem Tempel Gottes eingedrungen, vielleicht schon kurz nach Pfingsten. Aber nur der Rauch; quasi nur ein non-être. Und der real existierende Weihrauch des Gotteswortes wird ihn österlich vertreiben; und das nicht nur durch irgendeine kleine Ritze, sondern durch alle offenen Türen in die Welt Gottes: ausströmen, und überallhin.

Wetten dass? Die Rose wird blühen. (11)

(1) Neufassung eines Vortrags, den der Verfasser am 11. Februar 2010 vor der kath. Studentengemeinde in Kiel gehalten hat. Mit Kiel verbindet mich ein Schlüsselerlebnis vom 30. Juli 1978, als mir in der Hl. Messe, nach der Kommunion, die Gewissheit zuteil wurde: Gott gibt es. Am folgenden Sonntag starb Papst Paul VI., dessen Andenken diese Zeilen gewidmet sind; vgl. auch Druckfassung, in: THEOLOGISCHES (Jg. 2010), Sp. 83-92.

(2) Die folgende Darstellung lehnt sich an den Katechismus der katholischen Kirche von 1992 an, in der Fassung, die auf Deutsch 2003 neu publiziert wurde; insb. Nr. 390-395.

(3) Hierzu Joseph Ratzinger, Jesus von Nazareth (Bd. 1), Freiburg i. Br. 2007, S. 54-74. Exegese wie sie sein soll!

(4) A.a.O., Seite 707. Gemeint war damit, nach Überzeugung von Philippe Levillain, insbesondere das Problem um die Traditionalistenbewegung von Marcel Lefebvre (gegr. 1970). Tatsächlich stellte der Widerstand gegen das Konzil (insb. wegen der Religionsfreiheit) und die Liturgiereform seitens des Traditionalismus für den Papst damals die härteste Bewährungsprobe dar, ihn persönlich bedrängender als sogar der Protest gegen seine letzte Enzyklika Humanae vitae. Denn während alle alten und modernen Häresien schon einmal Konjunktur hatten, wieder stärker oder schwächer werden, begriff Papst Paul VI. den sich dort abzeichnenden falschen Traditionsbegriff als gefährlichste Innovation. Diese Neuerer lehren einen vermeintlich zwingenden Gehorsam gegenüber dem ‘traditionellen’ Papsttum, der sich im Widerstand gegen den Papst zu beweisen habe.

(5) In der Generalaudienz vom 15. November 1972 hat Paul VI. dem Dämon weitere Erwägungen gewidmet. Im übrigen ist die päpstliche Literatur zu diesem Thema über alle Jahrhunderte äußerst spärlich. Der Gegenspieler ist für die Päpste nur eine Nebensache. Ihr Amt widmen sie das Hauptsache: Christus zu bezeugen.

(6) Vgl. 1 Petr 5,8: ‘Euer Widersacher geht umher wie ein brüllender Löwe.’

(7) Auch nicht zur Lehre von Paul VI. gehört das Wort von der ‘autodemolizione’, der Selbstzerstörung der Kirche. Dieser Begriff ist gleichfalls in freier Rede gefallen, beim Besuch des lombardischen Seminars am 7. Dezember 1968. Es handelt sich um eine rhetorische Einleitung, die zur Feststellung führt, dass der Heilige Geist die Kirche Christi eben nicht verlassen werde: Credite in Deum!

(8) Hier zitiere ich abermals, was schon Schumacher, THEOLOGISCHES 2010, Sp. 17, zitierte: Hoc unum me mortuo servate: odium in pontificem Romanum. So Luther. Die deutsche Nation ist jedenfalls luthertreu, wenn auch sicher nicht zur Gänze vom Satan beherrscht.

(9) “Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen?” (Lk 10,18). Dieses Jesuswort ist so intim und rätselhaft, dass es möglicherweise von der Mutter des Herrn an Lukas weitergegeben wurde, wie auch das Magnificat.

(10) Ceterum censeo ?Herbipolis? delendam esse; sagte nicht Cato.

(11) Vgl. Jean Guitton, Dialogues avec Paul VI, Paris 1967, S. 276: ?Si le bouton de rose se percevait au printemps, il sentirait qu?il est écartelé alors qu?il va fleurir??

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