Kardinal Müller

Kardinal Müller: Papst hält an der Lehre seiner Vorgänger fest

Der Glaubenspräfekt sieht in dem nachsynodalen Schreiben von Franziskus keine Neuerungen für Wiederverheiratete.

Von Guido Horst

Rom, Die Tagspost, 02. Mai 2016

Der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, nutzt einen Vortrag im Priesterseminar im spanischen Oviedo dazu, um zu den umstrittenen Stellen in dem nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia Stellung zu nehmen. Was den Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene angeht, hatte es nach der Veröffentlichung des Papstschreibens unterschiedliche Interpretationen gegeben – auch, dass Franziskus die Tür für die Sakramentenzulassung der Wiederverheirateten in Einzelfällen aufgestossen habe. Der Präfekt der Glaubenskongregation ist anderer Meinung. Dem Redemanuskript seines Vortrages zufolge, das dieser Zeitung vorliegt, weist Kardinal Müller mit Entschiedenheit darauf hin, dass dort, wo sich Amoris laetitia auf Situationen im Allgemeinen beziehe, nicht aber ganz konkrete Umstände in den Blick nehme, so etwa Paare in einer zweiten, zivilen Ehe, wo bei einem oder beiden noch ein erstes Eheband bestehe, die bisherigen Aussagen des kirchlichen Lehramtes zu diesen konkreten Fällen nach wie vor Gültigkeit besässen. Und dies gelte eindeutig für den Kommunionempfang der wiederverheirateten Geschiedenen. Was Johannes Paul II. in Familiaris consortio und Benedikt XVI. in Sacramentum caritatis gelehrt hätten, sei unverändert gültig.

Im Einzelnen erklärt Müller zum Kommunionempfang der zivil wiederverheirateten Geschiedenen: „Es wurde verschiedentlich behauptet, ,Amoris laetitia‘ habe diese (bisherige) Disziplin aufgehoben. Denn sie würde wenigstens in bestimmten Fällen den Empfang der Eucharistie durch wiederverheiratete Geschiedene erlauben, ohne dass sie ihre Lebensführung gemäss FC 84 ändern würden – indem sie die neue Verbindung aufgeben oder in ihr als Bruder und Schwester leben.“ Darauf sei Kardinal Müller zufolge folgendes zu antworten: „Hätte ,Amoris Laetitia‘ eine so verwurzelte und so gewichtige Disziplin aufkündigen wollen, hätte es sich deutlich ausgedrückt und die Gründe dafür angegeben. Es gibt jedoch darin keine Aussage in diesem Sinne. Der Papst stellt in keinem Augenblick die Argumente seiner Vorgänger in Frage. Diese basieren nicht auf der subjektiven Schuld dieser unserer Brüder und Schwestern, sondern auf der sichtbaren, objektiven Lebensführung, die den Worten Christi entgegengesetzt ist.“

Doch nochmals fragt der Präfekt der Glaubenskongregation: „Aber, so wenden einige ein, befindet sich diese Änderung nicht in einer Fussnote (Nr. 351)? Denn darin heisst es, dass die Kirche denjenigen, die in einer objektiven Situation der Sünde leben, die Hilfe der Sakramente anbieten könnte.“ Genau hier sieht Müller den Fall gegeben, wo eine allgemeine Situationsbeschreibung nichts an dem bisherigen Lehramts ändere, wenn dieses sich zu einem ganz konkreten Fall – etwa der zivil Wiederheirateten – konkret geäussert habe: „Ohne näher darauf einzugehen, reicht es aus, darauf hinzuweisen, dass sich diese Fussnote auf objektive Situationen der Sünde im Allgemeinen bezieht, nicht auf den speziellen Fall der zivil wiederverheirateten Geschiedenen. Denn die Situation der Letztgenannten hat eigentümliche Züge, die sie von anderen Situationen unterscheidet.“ Diese Geschiedenen lebten im Gegensatz zum Ehesakrament und deshalb zur Sakramentenordnung. Dies ist denn auch der Grund, der vom vorangegangenen Lehramt angegeben wird, um die Disziplin in Bezug auf die Eucharistie aus FC 84 zu rechtfertigen. Was die Fussnote 351 besage, so Müller weiter, „betrifft folglich nicht die frühere Disziplin. Die Norm von FC 84 und SC 29 und deren Anwendung in allen Fällen bleiben weiterhin gültig.“

Der Präfekt der Glaubenskongregation erinnert auch daran, was der Grund der Haltung der Kirche gegenüber den Paaren in irregulären Beziehungen ist: „Der Grundsatz ist, dass niemand ein Sakrament – die Eucharistie – wirklich empfangen wollen kann, ohne gleichzeitig den Willen zu haben, den anderen Sakramenten, darunter dem Ehesakrament, gemäss zu leben. Wer auf eine dem Eheband entgegengesetzte Art und Weise lebt, widersetzt sich dem sichtbaren Zeichen des Ehesakraments. Was seine Existenz im Leib betrifft, macht er sich zum ,Gegenzeichen‘ der Unauflöslichkeit, auch wenn ihn subjektiv keine Schuld trifft. Gerade deshalb, weil sich sein Leben im Leib dem Zeichen entgegenstellt, kann er nicht zum höchsten eucharistischen Zeichen gehören, in dem sich die menschgewordene Liebe Jesu manifestiert, indem er die Kommunion empfängt. Würde ihn die Kirche zur Kommunion zulassen, so würde sie das begehen, was Thomas von Aquin ,Falschheit in den sakramentalen Zeichen‘ nennt.“

Kardinal Gerhard Müller befasst sich in seinem Vortrag mit den Titel „Was dürfen wir von der Familie erwarten?“ nicht nur mit den Wiederverheirateten. Diese Zeitung veröffentlicht ihn in der kommenden Wochenendausgabe in voller Länge.

Eine Antwort auf Kardinal Müller

  • Marquard Imfeld:

    Gut, dass Kardinal Müller ausspricht, was viele Bischöfe in der Schweiz (z.B. Bistum Basel und Bistum St. Gallen, Ex-Abt von Einsiedeln) und in Deutschland nicht mehr verkünden wollen.

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