“Jahr des geweihten Lebens”

Brief der Schweizer Bischöfe an die Ordensleute

Jahr des geweihten Lebens LogoQuelle
Vatikan: Jahr des  gottgeweihten Lebens
Vita Consecrata: Über das geweihte Leben und seine Sendung in Kirche und Welt
Eröffnung des Jahres des Ordenslebens 2014/15 in Einsiedeln

Schweizer Bischofskonferenz, 27.11.2014

Zum von Papst Franziskus ausgerufenen “Jahr des geweihten Lebens” danken die Mitglieder der Schweizer Bischofskonferenz in einem offenen Brief den Ordensleuten für ihren Dienst in der Kirche.

Liebe Schwestern und Brüder

Papst Franziskus hat für das neue Kirchenjahr ein “Jahr des geweihten Lebens” (29. Nov. 2014 – 2. Febr. 2016) ausgerufen. Zu Beginn dieses Jahres schreiben Euch die Schweizer Bischöfe voll Dankbarkeit diesen Brief. Dieses Jahr lädt uns alle ein, über die Bedeutung des Ordenslebens in unserer Zeit nachzudenken.

Liebe Ordensleute,

wir Bischöfe danken Euch, dass Ihr Jesus nachfolgen wollt in seinem Lebensstil der Armut, der Ehelosigkeit und des Gehorsams. Das Gebet gehört zum Kern Eurer Berufung und ist eine kostbare Perle des Ordenslebens. Wir bewundern Euch, wie Ihr durch diese Lebensform glückliche und oft sehr kreative Menschen geworden seid, die uns zeigen, dass die frei gewählten Ordensgelübde in der Nachfolge Jesu frei und glücklich machen können. Wir stellen auch fest, dass Ihr mit Eurem alternativen Lebensstil eine grosse Hilfe für viele Menschen in der Welt seid. Ihr zeigt uns, dass wir grosse Freuden und liebevolle Gemeinschaften auch dann erfahren dürfen, wenn wir auf sexuelle Begegnungen verzichten. Mit Eurem Gehorsam zeigt Ihr, wie viel Gemeinschaft und Freundschaft entstehen, wenn wir nicht bloss individuelle Selbstverwirklichung suchen. Nach den Worten von Papst Franziskus, “seid Ihr Männer und Frauen, die die Welt aufwecken und die Zukunft erleuchten können” (Ansprache an die Union der Generaloberen vom 29.11.2013). Darin besteht die prophetische Kraft eures Lebensstils.

Heute erleben wir eine paradoxe Situation: einerseits ist eine breite Wertschätzung des Ordenslebens und der Klöster festzustellen – weit über die Grenzen der katholischen Kirche hinaus. Andererseits wundern wir uns, dass immer weniger junge Kandidaten sich bei Euren Gemeinschaften melden.

Für moderne Menschen ist das Ordensleben eine Provokation.

So verschiedenartig die Ordensgemeinschaften auch sind, finden wir doch bei allen einen gemeinsamen Kern: die radikale Nachfolge Jesu in den evangelischen Räten. Ihr Ordensleute habt für Euer persönliches Leben die radikale Lebensform Jesu gewählt, die er seinen Jüngern empfahl, wenn sie ihm eng nachfolgen wollten. Nun müsst Ihr aber heute oft erfahren, dass dieses Ideal Jesu bei modernen Menschen auf grosses Unverständnis stösst. Denn lieber werden heute Wohlstand und Reichtum angestrebt, als dass wir, wie Ihr und Jesus, bewusst die Armut wählen, um den vielen armen Menschen dieser Erde nahe zu sein. Eure frei gewählte Ehelosigkeit und Keuschheit stellen heutzutage eine weit verbreitete Mentalität in Frage. Auch ist die Selbstbestimmung heute ein grösseres Ideal als ein Gehorsam, der auf Gott und die Mitmenschen hört. Sind aber nicht auch heute Gehorsam und das Achten aufeinander unerlässliche Voraussetzungen für ein gutes Zusammenleben?

Das Ordensleben ist ein wichtiges, unersetzbares, vitales Element unserer Kirche in der Schweiz. Daher sind wir dankbar für die zahlreichen Laien und Freiwilligen, die bei älteren Ordensgemeinschaften im Haushalt, in der Alten- und Krankenpflege, in der Verwaltung und in der Liturgie helfen, dass das Ordensleben auch bei weniger Ordensleuten weitergehen kann. Es kommt auch vor, dass junge Menschen, die von kirchlichen Erneuerungsbewegungen oder von den Weltjugendtagen inspiriert sind, in alten Klöstern ein neues christliches Gemeinschaftsleben aufbauen. Da können wir mit Freuden beobachten, welch fruchtbarer Austausch zwischen jungen und alten Christen entstehen kann. Junge Leiterinnen und Leiter fragen bei erfahrenen Oberinnen und Obern, was nötig ist, damit ein fruchtbares Zusammenleben entstehen kann.

Wir bewundern auch die Gemeinschaften, die sagen können: Wir haben unsere Aufgabe erfüllt – nun lässt du uns, Herr, in Frieden scheiden (vgl. Lk 2, 29). Manche wichtige Aufgaben, die früher vor allem durch Klöster wahrgenommen wurden, wie z.B. die Betreuung der Kranken und Behinderten oder die Bildung der Jugend, sind jetzt weitgehend von Laien und der öffentlichen Hand übernommen worden. Allerdings ist man an vielen Orten froh, wenn Ordensleute sich weiterhin für diese grossen Aufgaben einsetzen. Dankbar sind wir auch, wenn Ordensgemeinschaften sich jetzt den modernen Herausforderungen stellen und dabei die Gesellschaft wohltuend unterstützen, etwa in der Betreuung von Süchtigen, von Aids-Kranken, von Flüchtlingen, in der Bewahrung der Schöpfung und den grossen Aufgaben der Entwicklungsförderung in den ärmsten Ländern. Da reagieren Ordensleute auf moderne Herausforderungen, was auch junge Menschen heute neu für das Ordensleben begeistern kann.

Liebe Ordensleute, durch Eure Ordensgelübde seid ihr wie die “Stadt auf dem Berge” (Mt 5,14), die für alle ein Zeichen ist. Euer einfaches Dasein ist ein lebendiges Signal, das alle Menschen guten Willens aufruft, über den Sinn ihres Lebens nachzudenken, wenn sie sehen, wie Euer Leben auf Gott ausgerichtet ist, der unser grösstes Glück und unsere grösste Freude ist.

Denn nicht nur durch Eure sozialen und menschenfreundlichen Dienste seid Ihr Ordensleute kostbar, sondern vor allem durch Euer frohes und erlöstes Leben in der Nachfolge Christi. Kostbar sind für uns Eure grosszügige Hingabe und die Freude am Gebet, die so vieles ermöglicht. Papst Franziskus hat festgestellt: “Wo Ordensleute sind, da gibt es Freude!”. Alle Menschen suchen die Freude. Im christlichen Leben geht es vor allem um die Freude. Gott lädt uns zu einer ewigen Freude bei sich ein. Auf dem Weg zur wahren Freude hilft uns das Evangelium, das ja auf Deutsch wie auch in den anderen drei Landesprachen “Botschaft der Freude” heisst! Botschafter der Freude dürfen wir alle sein. Und dankbar sind wir das zusammen mit Euch!

Die Bischöfe und Äbte der Schweizer Bischofskonferenz

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