Das Gespräch des Papstes mit den Journalisten während des Fluges

Benedikt XVI. bringt seine Zuversicht für die Reise zum Ausdruck und zeigt sich „geschockt“ von den Missbrauchsfällen.
Von Armin Schwibach  Vatikanstadt (kath.net/as)

Um 11:15 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit ist das Flugzeug gelandet, das Papst Benedikt XVI. in das Verreinigte Königreich gebracht hat. Der Papst wurde am Flugfeld von Edinburgh vom Prinzgemahl der britischen Königin Philip Mountbatten, Duke of Edinburgh, empfangen. Nach der Begrüßung durch die anwesenden Obrigkeiten hielt sich der Papst zu einem kurzen Gespräch mit dem Prinzen in einem eigens am Flugfeld aufgestellten Zeltbau auf.

Die offizielle Willkommenszeremonie fand im Königlichen Palast „Holyroodhouse“ in Edinburgh statt. Damit hat die 17. Apostolische Auslandsreise Benedikts XVI. in Schottland ihren Anfang genommen, die den Papst in den kommenden Tagen auch nach London und Birmingham führen wird. Den Mittelpunkt des Besuches bildet die Seligsprechung Kardinal John Henry Newmans.

Wie es der Tradition entspricht, unterhielt sich der Papst während des Fluges mit den an Bord anwesenden Journalisten. Die Abschrift des Gesprächs wurde vom italienischen Vatikanisten Andrea Tornielli zur Verfügung gestellt.

Auf die Frage, ob er aufgrund der Polemiken im Vorfeld der Reise besorgt sei, innerhalb derer Großbritannien auch als ein antikatholische Land dargestellt worden sei, antwortete Benedikt XVI., dass dies nicht der Fall sei. „Als ich in Frankreich gewesen bin, wurde gesagt, dass dieses das antiklerikalste Land sei, mit starken antiklerikalen Strömungen und einer kleinen Zahl von Gläubigen“. Dasselbe sei bei der Reise in die tschechische Republik der Fall gewesen. Alle westlichen Länder würden entsprechend ihrer Geschichte antiklerikale und antikatholische Strömungen vorweisen. Gleichzeitig sei immer eine starke Präsenz des Glaubens gegeben. Auch Agnostiker seien auf der Suche und wollten Werte kennen und finden, die die Menschheit voran bringen. Daher würden sie dem Papst zuhören, ob sie etwas in diesem Sinne von ihm hörten.

Benedikt XVI. zeigte sich davon überzeugt, dass er einerseits positiv von den Katholiken aufgenommen werde. Andererseits erwarte er sich Aufmerksamkeit von jenen, die nach Kriterien suchen, nach denen man in unserer Zeit vorankommen könne, im Zeichen des Respekts und der gegenseitigen Toleranz.

Ausgehend von der Feststellung einer starken atheistischen Denkströmung in Großbritannien schnitt eine zweite Frage das Problem an, wie die Kirche als Institution für alle glaubwürdiger und anziehender sein könne. Für Benedikt XVI. ist es falsch, „anziehender“ sein zu wollen. Die Kirche arbeite nicht für sich, sondern stehe im Dienst der Anderen, um sie zu Christus kommen zu lassen, zur Wahrheit seiner Botschaft, zur großen Kraft der Liebe und Versöhnung. In diesem Sinne hätten Anglikaner und Katholiken dieselbe Aufgabe und müssten denselben Weg einschlagen. Wenn Anglikaner und Katholiken dem Vorrang Christi folgten und nicht dem eigenen, so würden sie auch zusammenkommen.

Auf die Frage, wie die Kirche nach den Missbrauchsskandalen wieder Vertrauen gewinnen kann, erklärte der Papst, dass das, was zutage getreten sei, für ihn „ein großer Schock“ gewesen sei. Es sei schwer verstehbar, „wie diese Perversion des priesterlichen Dienstes möglich war“. Anlass zu großer Traurigkeit gebe auch die Tatsache, dass die kirchlichen Autoritäten nicht genügend wachsam und nicht genügend schnell beim Ergreifen der notwendigen Maßnahmen gewesen seien. Aus diesem Grund „sind wir in einem Moment der Buße, der Demut, der erneuerten Aufrichtigkeit, wie ich dies an die Bischöfe von Irland geschrieben habe“.

Benedikt XVI. betonte die Notwendigkeit einer Zeit der Buße und Demut, um „die absolute Aufrichtigkeit neu zu lernen“. Dabei stünden die Opfer im Mittelpunkt. Der Einsatz für sie bilde eine absolute Priorität, dies durch materielle, psychologische und geistliche Hilfeleistung. Die Schuldigen müssten dann einer gerechten Strafe zugeführt werden und dürften nie mehr mit Minderjährigen in Kontakt kommen, „da wir wissen, dass dies eine Krankheit ist, dass der freie Wille nicht funktioniert, wo diese Krankheit gegeben ist. Deshalb müssen wir diese Menschen vor sich selbst schützen und von den Minderjährigen fernhalten“.

Als dritten Punkt betonte der Papst die Notwendigkeit der Prävention im Bereich der Auswahl der Priesteramtskandidaten. „Wir müssen so sehr aufpassen, dass nach dem Menschenmöglichen künftige Fälle ausgeschlossen sind“.

Eine weitere Frage betraf das Verhältnis Benedikt XVI. zu Kardinal John Henry Newman und die Möglichkeit, dass die Erinnerung an ihn die Spaltungen zwischen Katholiken und Anglikanern überwinden könne. Benedikt XVI. hob drei Elemente hervor: Zum einen die „Modernität seines Lebens“ mit allen Zweifeln und Problemen unseres heutigen Seins; dann seine große Bildung und Kenntnis der Schätze der menschlichen Kultur; sowie seine Bereitschaft zu einer ständigen Suche, zu ständiger Erneuerung und zu einem teifen geistlichen Leben.

Abschließend brachte der Papst seinen Dank an Königin Elisabeth II. zum Ausdruck, die gewollt habe, dass der Besuch im Vereinigen Königreich ein Staatsbesuch sei. Dadurch käme eine gemeinsame Verantwortung von Religion und Politik für die Zukunft des Kontinents zum Ausdruck. Die Politik diene im Wesentlichen der Gewährleistung von Gerechtigkeit und Freiheit, wobei Gerechtigkeit ein moralischer Wert sei, der die Politik mit dem Glauben verbinde. Eine weitere gemeinsame Aufgabe bestehe im Einsatz für den Frieden in der Welt. Wesentliches Element dieses Prozesses sei der Dialog unter den Religionen, Toleranz, Öffnung für den Menschen und den Nächsten, Offenheit für die Wahrheit, „für den gemeinsamen Weg der Menschheit und ein neues Finden der Werte, die die Grundlage des Humanismus sind“.

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